Dort wohnte jemand. Vor Kurzem und oft.
Michaels Beine zitterten, als er sich der Tür näherte und klopfte.
Einmal.
Zweimal.
Dreimal.
Drinnen war ein leises Rascheln zu hören, bevor sich die Tür einen Spalt öffnete.
Hannah stand da.
Seine Ex-Frau. Blass, nervös, aber quicklebendig.
Die Luft entwich seinen Lungen.
Drinnen, in einem kleinen Wohnzimmer, saßen zwei kleine Mädchen auf einem Sofa, ihre Augen weit aufgerissen, eng aneinandergedrängt, unsicher und ängstlich.
Ava und Lily.
Real. Gegenwärtig. Sie wendet sich ihm zu.
Michael sank auf die Knie. Eine Welle von Gefühlen überkam ihn: Erleichterung, Schock, Freude und tiefe Trauer über die verlorenen Jahre.
“Papa?”, flüsterte Ava.
Aber sie eilten nicht auf ihn zu.
Sie erinnerten sich nicht an ihn.
Der Preis der Geheimnisse.
Hannah zitterte und versuchte, es zu erklären. Sie war überwältigt von dem Druck, alten Schulden und Menschen, die ihr Angst machten. Da sie sich nicht in der Lage sah, die Mädchen zu beschützen, hatte sie die Hilfe einer Person angenommen, die sie zum Untertauchen gedrängt hatte. In dem darauf folgenden Chaos wurden offizielle Dokumente unübersichtlich, und da Michael keine klaren Informationen hatte, befürchtete er das Schlimmste.
„Ich habe versucht, sie zu beschützen“, sagte sie unter Tränen.
Michael schüttelte verzweifelt den Kopf. „Du hast sie vor demjenigen versteckt, der sie am meisten liebte.“
Die Mädchen weinten leise, verwirrt. Michael ging nach draußen, um frische Luft zu schnappen. Das kleine Mädchen, Maddie, das ihn dorthin gebracht hatte, wartete ruhig am Zaun.
„Du hast nicht gelogen“, sagte er.
“Nein, Sir.”
Er gab ihr sein gesamtes Geld. „Das wird deiner Mutter helfen. Danke für deinen Mut.“ Michael kehrte beruhigt nach Hause zurück. „Die Mädchen kommen heute Abend mit“, sagte er zu Hannah. „Den Rest klären wir später.“
Ava und Lily leisteten keinen Widerstand, sondern hielten sich fest aneinander, als er sie zum Auto führte. Sie schwiegen die ganze Fahrt über zu seinem Haus in North Phoenix – einem Haus, das viel zu lange still gewesen war.
Als er ihnen ihr altes Zimmer zeigte, das genau so erhalten war wie vor zwei Jahren, wurde etwas weicher. Die beiden Betten, der große Teddybär, die Regale voller Bilderbücher – alles war noch da.
„Ich erinnere mich daran“, murmelte Ava und strich über ein Kissen. Michael rief seinen Bruder Daniel an, der aufgelöst eintraf. Sie blieben lange auf und erfüllten das Haus mit sanfter Wärme und kleinen Annehmlichkeiten.
Am nächsten Morgen vereinbarte Michael ein Treffen der Mädchen mit einer renommierten Kinderspezialistin. Diese traf sich mehrmals wöchentlich mit ihnen und half ihnen, ihr Selbstvertrauen wiederzuerlangen und das Erlebte zu verarbeiten.
„Das braucht Zeit“, sagte sie zu Michael. „Hab Geduld.“
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